21. Juni 2022, Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit als neuer Standard

Gastbeitrag von Markus Büchel in der «Wirtschaft regional»

Markus Büchel hat in seiner Funktion als Mitglied des Vorstands der Vereinigung liechtensteinischer gemeinnütziger Stiftungen und Trusts e.V. den nachstehenden Gastbeitrag zum Thema Nachhaltigkeit für die «Wirtschaft regional» verfasst. 

 

Nachhaltig Investieren – ein Megatrend? Nein, der neue Standard!

 

Laut einer aktuellen Studie von J.P. Morgan AM, welche bei 1000 Personen in Deutschland durchgeführt wurde, gaben rund 75% der befragten Personen an, das Thema Nachhaltigkeit zumindest teilweise in ihren Portfolios verankert zu haben. Mehr als zwei Drittel der Befragten wünschen zudem, dass das Verhältnis zwischen auf Nachhaltigkeit und Ertrag ausgerichtete Investments im Zweifelsfall mindestens ausgewogen oder gar zu Gunsten von Nachhaltigkeit ausfallen soll. Auch bei institutionellen Investoren zeigt sich gemäss einer Studie von Mercer im Jahr 2021 ein ähnliches Bild. Rund 76% der Befragten gaben an, ESG-Themen in ihre Anlageentscheide miteinzubeziehen. Die Studie umfasste 850 institutionelle Anleger mit einem Gesamtvermögen von rund einer Billion Euro.

 

Ein Zufall? Wohl kaum. Mit Verabschiedung des EU-Aktionsplan zum Thema «Sustainable Finance» im Jahre 2018 wurde die Basis für eine Regulierung von Finanzmarktakteuren sowie grösseren Unternehmen (mehr als 500 Mitarbeitende) rund um das Thema «Nachhaltigkeit» geschaffen. Seit Mai 2022 sind diese auch in Liechtenstein angehalten die Bestimmungen aus dem EWR-Finanzdienstleistungs-Nachhaltigkeits-Durchführungsgesetz (kurz EWR-FNDG) umzusetzen. Dabei wird ein Finanzunternehmen zukünftig auch hierzulande die Frage nach Nachhaltigkeitspräferenzen im Rahmen der Anlegerberatung stellen (MiFID II). Ein kluger und wirksamer Schachzug auch für den Typ Investor, welcher nicht von klein auf mit dem Thema Klimawandel und Co konfrontiert war und eine stärkere Begleitung und Beratung sowie eine erhöhte Transparenz rund um das Thema Nachhaltigkeit erwartet.

 

Ein weiterer Grund liegt darin, dass naturgemäss ein Vermögenstransfer zwischen alter und neuer Generation stattfindet. Wenn man dabei berücksichtigt, dass laut einer weiteren Studie von MSCI aus dem Jahre 2020 knapp 95% der Millennial-Investoren an nachhaltigen Investments interessiert sind und in den nächsten Jahren der beträchtliche Vermögenstransfer der Baby-Boomers Generation zu den Millennials fortgeführt wird, kann diese Regulierung durchaus als Win-Win-Win-Konzept sowohl für Anleger, die Unternehmen selbst wie letztlich natürlich auch für Mensch, Natur und Umwelt verstanden werden.

 

Glaubt man an das Prinzip von Angebot und Nachfrage so wird sich der Megatrend des nachhaltigen Investierens zu einem neuen Standard entwickeln und den vermeintlichen Zielkonflikt zwischen Nachhaltigkeit und Performance eliminieren. Zahlreiche Studien belegen schon heute, dass Nachhaltigkeitsindizes in Sachen Performance den traditionellen Indizes keineswegs nachstehen. Im Gegenteil.

 

Die Transformation wird sich unaufhaltsam ihren Weg bahnen. Nachhaltig zu agieren kann selbst aus rein «kapitalistischen» Gründen ein zentrales Thema sein. Durch die erhöhten Transparenzanforderungen, die detailliertere Datenbasis sowie dem gestiegenen Marktdruck werden Implementierungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Unternehmensebene vermehrt auch aus Eigeninteresse vollzogen, um so weiterhin eine valable Adresse für Kapitalplatzierungen zu bleiben.

 

Bereits im Jahr 2016 veröffentlichte die VLGST eine Information für Stiftungsräte gemeinnütziger Stiftungen namens «Nachhaltig Investieren». Heute, 6 Jahre später, sprechen wir von einem deutlich veränderten, weitaus transparenteren Marktumfeld. In diesem Fall hilft die Regulatorik dabei, allfällige Barrieren infolge von Risikoüberlegungen (Intransparenz / Greenwashing) zu reduzieren und fördert damit den Gang zu neuen Ufern. Unter diesen Voraussetzungen braucht es keinen Mut zu nachhaltigem Investieren. Vielmehr kommt man an Nachhaltigkeit rund um Finanzanlagen nicht mehr vorbei. Von der ESG-/SDG-Integration über Normen- und Ausschlusskriterien bis hin zu einer direkten oder indirekten Mitgestaltung der Unternehmenspolitik (bspw. Proxy Voting) sind die Berücksichtigungs-Möglichkeiten von Nachhaltigkeitsaspekten heutzutage weitgehend. Es ist zu empfehlen, sich unter Beizug eines Finanzberaters aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.

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