Die Zukunft sei ein Buch mit sieben Siegeln, heisst es. Bricht man die Siegel, findet man lauter unbeschriebene Seiten. Sind sie einmal beschrieben, ist es ein Geschichtsbuch. Handelt es sich um die Geschichte der Prognosen, wird unsere Unfähigkeit manifest, abzuschätzen, was uns erwartet.
Das ist es, warum ich mich dazu bekenne, dass meine Analysen nur ein Ziel haben: Die Gegenwart auf den Punkt zu bringen.
Allerdings ist die Gegenwart, die ich meine, nicht ein Zeitpunkt, sondern eine Marktverfassung. Im Falle des Goldes hat sie sich seit März 2024 nicht verändert, als im damaligen Newsletter der nachstehende Chart gezeigt wurde, der dort endete, wo heute die vertikale Line verläuft:
Der Aufwärtstrend, der damals nach einer Seitwärtsbewegung einsetzte, die im August 2020 ihren Anfang genommen hatte, ist nach einem Anstieg von rund 70% immer noch in Kraft.
Liegt eine spekulative Blase vor?
Die Frage wird gestellt, und die Antwort fällt klar aus.
Auf Grundlage des 40 Monate Bollinger Bandes, welcher im abgebildeten Chart die dicken Linien darstellt, könnte man zu diesem Schluss gelangen.
Allerdings hat der Aufwärtstrend seit März 2024 drei Konsolidierungen hinter sich gebracht. Die letzte dauerte vom 22. April 2025 bis zum 28. August.
In spekulativen Blasen haben die Akteure keine Zeit für Konsolidierungen. Das bedeutet, dass in starken Aufwärtstrends Konsolidierungen die Toxizität, die im hohen Momentum liegen kann, entgiftet.
Will man die Bedeutung, die dem trenddefinierenden Bollinger Band zukommt, mit der Dicke der Bandlinien hervorheben, sieht der gleiche Chart so aus:
Das Bollinger Band, das den Trend definiert, ist nun das 10 Monate Band.
Welche Rolle spielt das Bollinger Band?
Mit dem Bollinger Band will ich das Ausmass definieren, das ich dem Trend für seine Konsolidierungen zugestehen will, um gegebenenfalls weder zu früh noch zu spät auszusteigen.
Analog der Idee, sogenannte Trailing-Stops einzusetzen, verkürzt sich die Toleranzgrenze für Konsolidierungen und Korrekturen mit Hilfe der Reduktion des Bollinger Bandes von ursprünglich 40 auf 20 und schliesslich 10 Monate.
Im Gegensatz zu einem Trailing-Stop gibt es aber keinen Automatismus, der zu einem verfrühten Ausstieg führen könnte. Der Verkauf wird erst ausgelöst, wenn die klassischen Signale auftreten, dass der Trend zu Ende ist. Daher die Frage:
Wie stelle ich mir vor, dass dieser Trend zu Ende geht?
Mit einer Akzeleration des Aufwärtstrends mit der Folge, dass es im 10 Monate Band zu einer Blasenbildung kommt, oder, alternativ dazu, mit einer zeitraubenden trendlosen Volatilität, wie zwischen August 2011 und Januar 2013:
Ich gebe zu, dass hier eine Menge Mechanik im Umgang mit der Definition von Trenddauer und Trendende im Spiel ist. Warum die Mechanik? Um Albert Einstein zu paraphrasieren, soll es so einfach wie möglich, aber nicht einfacher sein. Je weniger Vergleichsmöglichkeiten ein Markt bietet, umso einfacher muss es ein. Im Aktienmarkt gibt es fast unendlich viele Vergleichsmöglichkeiten, während es im Gold nur sehr wenige gibt. Daher ist bei Gold ein mechanistischer Ansatz angesagt, der bei Aktien nicht genügen würde.
Alfons Cortés, Senior Partner