Newsletter abonnieren
Hier anmeldenSeit wenigen Tagen ist der Nasdaq 100 der schwächste der grossen Indizes. Das ist nicht weiter auffällig, weiss man doch seit langem, dass aufgrund der weitverbreiteten Neigung, Gewinne zu realisieren und Verliereraktien zu halten, die stärksten Bereiche der Börse in jeder Korrektur am meisten leiden. Allerdings erholen sie sich am schnellsten, wenn die Korrektur ausgestanden ist und steigen dann wieder stärker an als alle anderen – soweit nicht ein Bärenmarkt beginnt. Beginnt einer im Nasdaq 100? Das ist das Thema dieses Newsletters.
Trends dauern fast immer viel länger als die meisten annahmen und führen viel weiter als die kühnsten Vorstellungen erwarteten. In zwei Monaten feiert der Nasdaq eine Hausse von zehn Jahren – wenn nicht vorher die Trendwende eintritt. Wer hätte im Oktober 2008 gedacht, dass nach einer Baisse, die während eines einzigen Kalenderjahres 55% des Nasdaq 100 "wegrasierte", derselbe Index mit einem Kursgewinn ohne Berücksichtigung der Dividenden von 627.8% glänzen würde! Und was war die Voraussetzung, um an dieser Bonanza teilzunehmen? Trendwenden von vorübergehenden Rückschlägen unterscheiden zu können.
Waren die Rückschläge des Nasdaq seit dem 26. Juli, als ein historischer Rekord erreicht wurde, vorübergehender Natur oder der Start eines Bärenmarktes?
Ein Bärenmarkt beginnt entweder nach einer zeitraubenden Phase, in welcher sich sekundäre Auf- und Abwärtstrends in relativ rascher Folge ablösen und dabei die Marktbreite ständig abnimmt oder nach einer Blasenbildung wie im Jahre 2000:
Das negative Signal bei einer Blasenbildung entsteht mit der Kontraktion der Blase in einem Bollinger-Band, das sich über längere Zeit als repräsentativ für einen Index-Verlauf dargestellt hat. Die Kontraktion beginnt im Aufwärtstrend mit der unteren Begrenzung des Bandes, wie oben im gelben Feld abgebildet.
Oft sind die Signale widersprüchlich. Die aktuelle Situation, wie sie sich darstellt, beleuchte ich nachstehend der Reihe nach.
Die Marktbreite des Nasdaq schwankte nunmehr während mehr als einem Jahr zwischen 50% und 60%. Der Trendverlauf der verschiedenen Industrien könnte nicht divergierender sein. Nach diesen Kriterien ist es durchaus möglich, dass eine zeitraubende trendlose Volatilität eingesetzt hat, die zu einem Bärenmarkt führt.
Die Top-Charakteristik kommt auch darin zum Ausdruck, dass die obere Begrenzung des 20-Monate-Bollinger-Bandes seit September 2018 zunehmend flacher wird und somit einen Widerstand signalisiert, den der Nasdaq in zwei Erholungen nicht zu überwinden vermochte. Die erste Erholung dauerte von Januar bis April 2019, die zweite setzte im Juni ein und lief im Juli aus:
Die im Widerstandsbereich jeweils entstandenen "Kerzen" unterstreichen die Momentumabnahme nach jeder Erholung im Bereich des oberen Randes des Bollinger-Bandes.
Was ist der Unterschied zwischen der zeitraubenden trendlosen Volatilität des Nasdaq seit September 2018 (blau markiert) und jener zwischen August 2015 und Juni 2016 (gelb markiert)?
Es gab keinen wesentlichen, denn in beiden Perioden wies der 20-Monate-Durchschnitt doch eine steigende Tendenz auf:
Gerade weil primäre Trends meistens länger dauern als erwartet sollte die Bereitschaft, auf einen Bärenmarkt zu setzen, nicht beginnen bevor der 20-Monate-Durchschnitt sich abgeflacht hat.
Was ist die Regel, um an primären Trends dabeizubleiben? Die Regel lautet "von Signal zu Signal".
Dazu folgende Grafik:
Das Ende des Bärenmarktes signalisierte das Kursgeschehen zwischen November 2008 und März 2009 (grün markiert) mit der Bollinger-Blase, deren Kontraktion durch die obere Banddefinition einsetzte und den Kerzen, die im März innerhalb des Bandes schlossen obwohl die Tiefstmarke vom Dezember (der letzten Kerze ausserhalb des Bandes) deutlich unterboten wurde. Gleichzeitig fielen positiv zum Indexverlauf divergierende Industrien auf. Seither ist kein neues endgültiges Wendesignal des primären Trends des Nasdaq 100 entstanden.
Es wird oft gesagt, gutes investieren liege in der Antizipation. Das stimmt, jedoch nur unter der Bedingung, dass die Voraussetzungen für eine Antizipation gegeben sind. Derzeit gibt es viele Verdachtsmomente, aber keine ausreichende Bestätigung, um einen Bärenmarkt anzunehmen. Abgesehen davon, dass die Ausbildung eines Musters, aus welchem mit hoher Wahrscheinlichkeit die Entstehung eines Bärenmarktes angenommen werden kann, auf jeden Fall nicht abgeschlossen ist, gibt es nach wie vor Industrien, die zwar durchaus reif für Rückschläge sind. Hinweise auf Trendwenden liegen jedoch in den besten Industrien nicht vor. Ein Beispiel dafür ist der DJ US Technology Software Index:
Schliesslich geht es noch darum, das Narrativ zu verstehen, das hinter der bisherigen Hausse stand und der Frage nachzugehen, ob sich das Narrativ abschwächt.
Was ist das Narrativ? Die schöpferische Zerstörung im Sinne von Joseph Schumpeter.
Was ist die Definition dieses Begriffes?
Ich habe aus Originalschriften von Joseph Schumpeter eine Kurzfassung kreiert, die ich hier gerne wiedergebe: "Die schöpferische Zerstörung verändert gesellschaftliche und ökonomische Strukturen für immer. Es gibt kein Zurück zu ex ante. Sie ist ein wesentliches Element des historischen Prozesses".
Wir leben in einer Periode rasant voranschreitender Innovation durch Digitalisierung, auf den die obige Begrifflichkeit der Schumpeter'schen schöpferischen Zerstörung ohne Zweifel zutrifft. Die Unternehmen, die bis jetzt an der Börse von dieser Entwicklung profitiert haben, sind alle hoch profitabel. Es handelt sich um die Überlebenden des Massakers, das auf die spekulative Blase folgte, die sich von April 1998 bis März 2003 entwickelte. Damals wurde Geld mit der Giesskanne über jede Aktie ausgeschüttet, die in irgendeiner Weise auf Technologie deutete. Der Markt war in typisch Hayek'scher Weise auf Entdeckungsfahrt. Die Gewinner hat er weitgehend entdeckt und zahlt dafür heute stolze, aber nicht fantastische Preise.
Steht ein Bärenmarkt vor der Türe?
Meine Antwort fasse ich hier noch einmal zusammen: Bärenmärkte kündigen sich durch Divergenzen zwischen den Sektoren an. Das ist das eine Merkmal, welches vorliegt. Das andere Merkmal liegt in Musterbildungen der Indizes, und zwar entweder als zeitraubende trendlose Volatilität oder in einer heftigen Beschleunigung bisheriger Aufwärtstrends. Letzteres ist stets die Ursache explosiver Kurssteigerungen in einzelnen Sektoren. Wenn schon, liegt die erstgenannte Musterbildung in den Anfängen. Sie würde sich sehr wahrscheinlich über viele Monate erstrecken bevor ein Bärenmarkt entsteht. Eine grössere Zahl sich abwechselnder sekundärer Auf- und Abwärtstrends innerhalb der 40-Monate- Bollinger-Bänder wären zu erwarten. Ein solches Band (durchgezogene grüne Linien) zusammen mit dem klassischen 20-Monate-Band (gestrichelte rosarote Linien) ist nachstehend abgebildet:
Eine solche Entwicklung ist nicht ausgeschlossen, aber nicht zwingend. Es wird nun vor allem darum gehen, das kurzfristige Momentum zu prüfen, wenn die Kurse auf den 20-Monate-Durchschnitt aufsetzen, um sich ein Bild machen zu können, ob diese Unterstützung halten wird oder nicht. Dann wird es darum gehen, die sekundären Trends eng zu verfolgen und aus der Vernetzung insbesondere mit den Sektoren und Industrien die weitere Entwicklung abzuschätzen. Dieser Aufgabe widmet sich mit Herzblut das Research-Team der Unifinanz Trust reg. und publiziert die Befunde in den Unifinanz Monitoren.
Alfons Cortés
Senior Partner
Unifinanz Trust reg.
Austrasse 79
LI-9490 Vaduz
Telefon +423 237 47 60
Fax +423 237 47 67
info(at)unifinanz.li
Newsletter abonnieren Hier anmelden
DatenschutzAllgemeine Geschäftsbestimmungen
Impressum / Nutzungsbedingungen
© 2019 Unifinanz Trust reg.