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Hier anmeldenBörsentrends leben nicht von Wirtschaftsdaten, sondern von Narrativen, die eine weitgehend übereinstimmende Interpretation der Wirtschaftsdaten erfahren und darüber hinaus weit über das Ökonomische ausgreifen. Dieses alte Mantra von mir hat mittlerweile mit dem Buch von Nobelpreisträger Robert Shiller unter dem Titel Narrative Economics Eingang in die akademische Wirtschafts- und Finanzwelt gefunden.
Doch wie findet man das Narrativ heraus, das den Umgang mit Nachrichten im Grenzbereich bestimmt? Über die technische Analyse, die manchmal so simpel betrieben wird, dass es weh tut. Sie ist jedoch die einzige Quelle, die zeigt, wie im Grenzbereich – dort, wo die Markträumungspreise zustande kommen – mit Themen und Nachrichten umgegangen wird. Dank der heutigen Computerleistungen ist es möglich, auf der Basis einer grossen Datenmenge festzustellen, wie sich verändernde Markträumungspreise auf die Veränderungsrate der relativen Preise auswirken und daraus das Narrativ zu entwickeln, das tonangebend für meistens mehrere Jahre ist.
Und warum ist das Narrativ so wichtig? Um die Unterscheidung von Kursschocks, wie sie im letzten Quartal 2018 eintraten, von Bärenmärkten vornehmen zu können. Kursschocks können jederzeit eintreten, doch im Unterschied zu Bärenmärkte dauern sie nur wenige Monate. Bärenmärkte dauern meistens eins bis zwei Jahre. Das Unterscheidungsmerkmal besteht nicht im Ausmass der Kursrückschläge, sondern darin, dass Bärenmärkte Revolutionen gegen das Narrativ darstellen, das den Haupttrends den Stempel aufgedrückt hat.
Was genau ist ein Narrativ? Es ist eine sinnstiftende Erzählung, die wahr sein könnte, aber nicht unbedingt wahr sein muss. Sie haben richtig gelesen: wahr sein könnte, nicht wahr sein muss, denn was genau wahr ist, kann man in den meisten Fällen nicht eruieren.
Die Idee, dass Narrative gestalterische Elemente im komplexen sozialen System darstellen, ist nicht völlig neu, wie Sie sehen werden, wenn Sie Shillers leicht lesbares Buch lesen. Ihre Saat ist in der subjektiven Wertschätzungslehre aufgegangen, in welcher Carl Menger die österreichische Schule der Nationalökonomie begründet hat.
Die Entwicklung der Börsen im Oktober bestätigt das Narrativ, das sich seit Monaten hält. Ich fasse es unter dem Begriff der schöpferischen Zerstörung im Sinne Joseph Schumpeters zusammen. Die schöpferische Zerstörung verändert wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen für immer. Ein Zurück zum ex ante gibt es nicht. In diesem Sinne ist sie Teil des historischen Prozesses. So sah es Schumpeter selbst. Es äussert sich in der Weise, dass Aktien innovativer Unternehmen positive Trends mit hoher relativer Stärke aufweisen und alle anderen zum Teil stagnieren, zum Teil sehr starke Abwärtstrends erleiden. Dabei wird Innovation nicht bloss in Technologieaktien gesehen. Das führt zu den sehr heterogenen Mustern in allen Sektoren und Ländern, bestehend aus Konstituenten der entsprechenden Indizes, die sich in stark steigenden Trends befinden während andere stark fallende Trends erleiden. Allerdings profitiert der IT-Sektor stärker von dieser Entwicklung als andere Sektoren, wie die nachfolgenden Grafiken mit der im unteren Fenster dargestellten re
lativen Stärke zum MSCI Welt zeigen:
Ein Verblassen des Narrativs sehe ich nicht, wohl aber eine gesunde Präferenzverschiebung zwischen innovativen Industrien, die sehr stark gelaufen sind und die von Zeit zu Zeit abgelöst werden durch solche, die vorübergehend eher vernachlässigt wurden. Ein Beispiel dafür ist die Wende der 19-monatigen relativen Schwäche von Semiconductors versus Software, dargestellt im unteren Fenster der folgenden Grafik:
Solche Verschiebungen zeigen, dass nicht panikartige Käufe getätigt werden, wie in der spekulativen Blase, die im März 2000 platzte. Im Gegenteil, die Anleger sind sehr wählerisch. Die Zeit für die Revolution gegen das Paradigma ist noch nicht gekommen.
Alfons Cortés
Senior Partner
Unifinanz Trust reg.
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LI-9490 Vaduz
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