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Hier anmeldenIm vierten Quartal des vergangenen Jahres setzte sich erneut eine divergente Marktphase durch. Sie dürfte sich über Monate halten. Man wird zunehmend pauschalisierende Beurteilungen lesen können. Das Gegenteil drängt sich auf: Vermehrte Differenzierung.
Im Newsletter Oktober 2021 wies ich darauf hin, dass der Markt Schwierigkeiten habe, einige Entwicklungen hinsichtlich ihrer nachhaltigen Auswirkungen einzuordnen. Ich vermutete, dass dies der erste Abschiedsschritt vom alten Bullenmarkt sein könnte. Allerdings stellte ich fest: «Ein Bärenmarkt ist es noch nicht. Es wird, bevor es dazu kommt, mindestens zu einer technisch schwachen Erholung kommen. Dann wird man ganz genau hinschauen müssen, ob es noch starke Sektoren gibt mit genügend grosser Kapitalisierung um dem allfälligen Druck der breit aufgestellten Indizes zu widerstehen».
Nun ist es «offiziell»: Die Erholung seit der Konsolidierung ist teilweise schwach ausgefallen:
Was besagt die Marktbreite?
Eine Marktbreite von 40 bis 49% weisen Industrials und Communication Services auf. Auf 60 bis 70% kommen Financials und Information Technology. Alle anderen stagnieren zwischen 50 bis 69%.
In Nordamerika liegt die Marktbreite bei 66%, in Europa bei 55% und in Asien-Pazifik bei 40%.
Es wäre nun völlig falsch, aus diesen Zahlen zu schliessen, dass ein Bärenmarkt eingesetzt habe oder dass innerhalb einer bestimmten Frist ein Bärenmarkt beginne.
Diese Zahlen bestätigen aber die im Newsletter November 2021 getroffene Feststellung, dass erneut eine divergente Marktphase eingesetzt habe. Und die Divergenzen haben sich verschärft.
Wer profitiert?
Die Frage ist nun, welche Marktsegmente von den Divergenzen profitieren werden. Da scheiden sich momentan die Geister. Weit verbreitet ist die Auffassung, Information Technology werde erheblichen Schaden an höherer Inflation und steigenden Zinsen nehmen.
Mag sein – aber derzeit deuten die marktgenerierten Daten nicht in diese Richtung.
Die relative Stärke des MSCI Information Technology nimmt ausnahmslos zu allen Sektoren zu.
Der MSCI Information Technology ist mit einer Ausnahme stärker als jeder geografisch organisierte Index. Die Ausnahme ist der israelische TA 35. Seit dem ersten Juli weisen beide das selbe Momentum auf. Bemerkenswerterweise ist der israelische TA 125, der auch weniger grosskapitalisierte Unternehmen enthält als der TA 35, seit dem 13. Oktober relativ schwach zum MSCI Information Technology. Einer mehr in einer ganzen Kette von Hinweisen darauf, dass die Präferenzen eindeutig in grösser kapitalisierten Werten konzentriert sind.
Weder der MSCI Information Technology noch irgendein regionaler Information Technology-Index noch irgendeine Industrie im IT-Sektor weist Merkmale einer spekulativen Blase auf.
Möglicherweise sind die Bewertungen hoch, vielleicht teilweise extrem hoch. Spekulative Blasen platzen jedoch nicht aus ökonomischen, sondern aus psychologischen Gründen. Genauer gesagt: Aus sozialpsychologischen Gründen. Sie sind das Ergebnis von Ansteckungsprozessen, die man aus einer Kombination marktgenerierter Daten und für Blasen typische Muster öffentlicher Kommunikation erkennen kann. Beide fehlen.
Zu den Nutzniessern der Divergenzen gehört ferner Health Care. Des weiteren ist Real Estate in Nordamerika positiv. Insbesondere auf Health Care trifft zu, dass es ein paar hervorragend aufgestellte Industrien gibt. Ferner sind Consumer Staples, Energy und Utilities noch relativ attraktive Sektoren, wobei insbesondere Utilities dieses Prädikat wahrscheinlich nur vorübergehend verdienen wird.
Wo liegen die Probleme?
Nun habe ich viel Raum auf IT verwendet weil der Sektor einmal mehr – und bis lang zu Unrecht – auf Grund ausschliesslich fundamentaler Überlegungen völlig falsch eingeschätzt wurde. Der massive Aufwärtstrend dieses Sektors wird wie alle Trends grosser Marktsegmente entweder in einer spekulativen Blase enden oder nach einer Kombination gestiegener Volatilität, reduzierten Momentums und geschrumpfter Marktbreite. Diese Merkmale sind in Consumer Discretionary, Communication Services, Industrials und Materials bereits vorliegend. In Financials liegen sie auch vor, aber sind weniger ausgeprägt als in den drei anderen genannten Sektoren.
Mit Ausnahme von Communication Services notieren diese Sektoren-Indizes immer noch über dem 10 Monate steigenden Durchschnitt. Auch in diesen fünf Sektoren gibt es positive Industrien. Sie haben aber aus meiner Warte insofern eine neue Phase begonnen als sie durch endogene Ereignisse in eine Korrektur oder, je nach Nachrichtenlage, einen Bärenmarkt geschoben werden könnten. Sie stellen die kritischen 47.9% der Kapitalisierung des MSCI Welt dar.
Was ist sonst noch dazu zu sagen?
Marktphasen wie jene, in denen sich die «Problem-Sektoren» befinden, zeichnen sich dadurch aus, dass alle denkbaren Szenarien ungefähr die gleiche Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen.
Solche Marktphase können sich über viele Monate hinziehen. Ihr Ende kann mit einem Ausbruch nach oben oder nach unten kommen. Und sie brauchen nicht alle gleichzeitig «auszubrechen», und auch nicht in die gleiche Richtung. Wir müssen nicht lange in die Geschichte zurückgreifen um uns an divergente Marktphasen zurück zu erinnern. Wir habe sie erlebt ab Januar 2018 bis Mitte 2020. Gemessen am 40-Monate-Durchschnitt befanden sich in dieser Phase nur Health Care, Information Technology und Utilities ununterbrochen in primären Aufwärtstrends.
In den letzten 51 Jahren hat der MSCI Welt nur 3 grosse Bärenmärkte durchmachen müssen:
Sie sind rot eingetragen. Lediglich der Bärenmarkt von Oktober 1973 bis Dezember 1974 hat gleichzeitig alle Sektoren mit einer Ausnahme erfasst. Die Ausnahme war Oil Well Equipment. Die beiden Bärenmärkte von März 2000 bis Dezember 2002 und Dezember 2007 bis März 2009 verliefen anders. In beiden grossen Bärenmärkte gab es Sektoren, die später als der MSCI in primäre Abwärtstrends mündeten, und es gab Sektoren, die früher als der MSCI Welt aus primären Abwärtstrends herausfanden.
Die gelb markierten Phasen stellen die einzigen Rückschläge in 51 Jahren dar, die länger als ein Quartal dauerten und nicht den typische Bärenmarkt-Charakter angenommen hatten. Solche Phasen sind schwieriger zu navigieren als richtige Bärenmärkte.
In den langen Zeitabschnitten, in denen kein Rückschlag länger als ein Quartal dauerte, gab es konvergente und divergente Marktphasen.
Die Konzentration auf Ländern, die man aus dem eigenen Erfahrungsschatz kennt, reduziert den Anlageerfolg ganz erheblich.
Phasen, in denen man besser gar keine Aktien hält, sind äusserst selten und kurzlebig.
Eine solche Phase ist meiner Meinung nach nicht angebrochen solange rund 50% der Kapitalisierung des MSCI Welt sich positiv bis sehr positiv in Szene setzt und die andere Hälfte zwar angeschlagen ist, aber die Marktbreite kombiniert mit der Favorisierung der grösser kapitalisierten Werte zunächst einmal deutliche Kursrückschläge nicht zulassen dürfte.
Grossräumig denken, Regeln setzen, eine ausreichende Schwankungsbereite gewähren und die Bedeutung des eigenen Wissens nicht überschätzen sind wohl die drei wichtigsten Voraussetzungen für langfristigen Anlageerfolg.
Alfons Cortés
Senior Partner
Unifinanz Trust reg.
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LI-9490 Vaduz
Telefon +423 237 47 60
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