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Hier anmeldenWährend meines Urlaubes in Oman und Dubai habe ich mir erneut zwei Bücher zu Gemüte geführt, die zu meinen am meisten geschätzten Erscheinungen der letzten zehn Jahre gehören. Es handelt sich um «Imperfect Knowledge Economics» und «Beyond Mechanical Marktes» welche Professoren Roman Frydman und Michael Goldberg verfasst haben. Die Autoren greifen auf vier Ökonomen zurück, die sich mit dem Themenkreis Wissens-Erwerb, Wissens-Verteilung und den Folgen heterogener, unvollständiger Wissens-Konstrukte bei der Preisfindung an den Märkten auseinandergesetzt haben. Der Rückgriff erfolgt auf Frank Knight, John Maynard Keynes, Friedrich von Hayek und Herbert Simon. Sie bringen die Reflexivitäts-Theorie von George Soros in den Fokus und haben meines Wissens als Erste ein formales Behavioral-Finance-Modell vorgestellt. Neben ihrer universitären Forschungs- und Lehrtätigkeit gehören sie zu den 1'160 Wissenschaftlern, die im Institute for New Economic Thinking mitwirken, das auf seiner Webseite über sich schreibt: «We are economists who challenge conventional wisdom and advance ideas to better serve society.»
Ich habe immer die Meinung vertreten, dass technische Analyse nicht im theoriefreien Raum stattfinden soll. Am Anfang meiner Tätigkeit wurde ich nur bei Hayek und Keynes fündig. Mittlerweile gibt es eine Fülle akademischer Veröffentlichungen, die die Verwendung marktgenerierter Daten zum Zwecke der Mustervorhersage an den Aktien- und Devisen-Märkten validieren. Marktgenerierte Daten sind Kurse und Umsätze, Ableitungen davon und die Verwendung dieser Daten zu Vergleichszwecken. Es herrscht Einigkeit darüber, dass die daraus erarbeiteten Analysen keine Punktvorhersagen zulassen, also keine Vorhersage bestimmter Kurse zu bestimmten Zeitpunkten. Grund dafür sind erstens das Vorhandensein von lediglich Wissensfragmenten in jedem Kopf und zweitens, dass niemand wissen kann, welche neuen Erkenntnissen in Zukunft auftreten. Möglich sind hingegen Mustervorhersagen. Sie ergeben sich aus der aktuellen Datenlage, der Historie, wie die Datenlage zustande gekommen ist und der Reaktion von Kursen auf exogene Impulse, d.h. für die Börsen- und Devisen-Märkte aus Meldungen aus Unternehmen, volkswirtschaftlichen Kennzahlen, aus Politik, Rechtssetzung, Rechtsinterpretation, Forschung und selbstverständlich auch kulturellen Veränderungen, die zu neuen Werte-Kanons in der Gesellschaft führen.
Das ist eine kurze Schilderung der Arbeit, die zu meiner Mustervorhersage im Newsletter Januar führte, die lautete: «Mein Hauptszenario besteht darin, dass die Märkte in der Nähe der aktuellen Kurse einen Boden finden und durch irgendeine Nachricht ein mittleres bis heftiges Rallye entsteht.» Das starke Rallye seither ist kein Grund, Demut abzulegen, denn die nächste Herausforderung steht bevor. Diese Herausforderung besteht in der Beantwortung der Fragen, die bereits anfangs Januar aufgeworfen wurden, nämlich ob die Bifurkations-Phase nach dem Rallye abgeschlossen sein wird und wie sich die Lage für die verschiedenen Sektoren und Regionen darstelle.
Aus meiner Perspektive ist die Bifurkations-Phase in einem Sektor abgeschlossen, nämlich Information Technology. Dieser mit 15,15% zweitgrösste Sektor nach Financials mit 16,51% ist meines Erachtens im Begriff, seinen alten Trend wieder aufzunehmen. Ende Dezember kollabierte die Marktbreite gegenüber Monatsanfang um 35,7 Prozent-Punkte auf lediglich 8,7%. Sie betrug 9% in Nordamerika, 13% in Europa und 3% im Asien-pazifischen Raum. Im Global Sector Monitor Information Technology erschien dazu folgender Kommentar: «Die Marktbreite ist auf Extremwerte gefallen. Insgesamt weckt die rasche Kontraktion der Marktbreite Erinnerungen an 1987, als die Indizes trotz fallender Marktbreite bis August stiegen, danach gab es einen Rückschlag mit einer technisch schwachen Erholung, an welcher eine kleine Anzahl von Aktien partizipierten. Am 19. Oktober kam es dann zum finalen Ausverkauf. Die Bodenbildung in den USA dauerte danach zwei Monate.» Mittlerweile ist die Marktbreite auf 49,3% gestiegen. Sie umfasst 56% in Nordamerika und 53% in Europa während der Asien-pazifische Raum mit 28% negativ auffällt. Das ist eine Entwicklung, die meine Auffassung bestätigt, dass im 4. Quartal 2018 ein Crash stattfand, vergleichbar mit jenem von Oktober 1987, aber kein Bärenmarkt. Ferner bestätigt die geradezu als dramatisch zu nennende Entwicklung in Information Technology die Auffassung, dass die treibende Kraft der Aktienmärkte Innovation im Sinne der Schumpeterischen schöpferischen Zerstörung darstellt. Dazu habe ich ausführlich in den Newsletter-Ausgaben September 2018 und Mai 2018 geschrieben. Das ist das Narrativ, das den Lock-in im pfadabhängigen System darstellt, über welches ich mich ausführlich im Newsletter November 2018 ausgelassen habe. Ich glaube, dass besonders die im Newsletter Mai 2018 veröffentlichten Gedanken zur Einordnung des Börsengeschehens seither und bis zum heutigen Datum hilfreich sind. Alle Newsletter können auf der Webseite abgerufen werden.
Nicht ganz so akzentuierte Crash-Szenarien haben sich ausser in Utilities, Real Estate, Healthcare und Consumer Staples auch in den anderen Sektoren eingestellt. Die Reaktionen danach stimmen weitgehend mit jener in Information Technology überein, entfalten aber in Bezug auf Zunahme der Marktbreite nicht die gleiche Dynamik. Bemerkenswert ist, dass die Analysen der Volkswirte eine konjunkturelle Abkühlung in Aussicht stellen und gleichzeitig die relative Stärke der zyklischen Sektoren zulasten der defensiven zunimmt. Das lässt darauf schliessen, dass meine in verschiedenen Publikationen geäusserte Auffassung zutrifft, dass die Rückschläge in den zyklischen Sektoren eine Überreaktion auf die im 4. Quartal erstmals aufkeimenden Prognosen einer globalen Konjunkturdelle darstellen.
Die Parallelen zwischen dem Crash 1987 und jenem des 4. Quartals 2018 habe ich verschiedentlich vorgestellt. In beiden Fällen handelt es sich um eine über Monate schrumpfende Marktbreite, die 2018 wahrscheinlich ausgelöst wurde durch Meldungen über eine sich abkühlende Konjunktur, die dazu führte, dass sich Verkaufsdruck in den wenigen Aktien aufbaute, die noch nicht stark verloren hatten. Nach vorne betrachtet ist Information Technology zusammen mit jenen Industrien anderer Sektoren, die viele «Schumpeter-Aktien» enthalten, d.h. Titel von Unternehmen, welche alte Geschäftsmodelle neu erfinden, im Begriff, eine Basis für eine Wiederaufnahme alter Trends zu bilden. Information Technology ist in dieser Hinsicht am Weitesten fortgeschritten. Die Entwicklung der länder- und regionen-bezogenen Indizes wird vornehmlich von der globalen Entwicklung der Sektoren geprägt und nicht von lokalen makroökonomischen Entwicklungen. Die Gefahr eines Crashs hatte ich frühzeitig erkannt, und auch frühzeitig die Mustervorhersage gewagt, dass es nicht zu einem Bärenmarkt kommen werde. Insbesondere die Exzesse vom Monat Dezember und die Reaktionen im Januar sprechen dafür, dass der Crash vorbei ist und die Gefahr eines Bärenmarktes nicht am Horizont lauert.
Alfons Cortés
Senior Partner
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LI-9490 Vaduz
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