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Hier anmeldenDer Newsletter Mai trug den Titel "Glatteis auf der Börsenstrasse". Den Monat beendete der S&P 500 mit einem Rückgang um 6.58%. Diesen Rückschlag hat er aufgeholt. S&P 100, S&P 500 und Nasdaq 100 haben sich im Gleichschritt entwickelt. Der S&P 400 und der S&P 600 haben nicht mithalten können. Sie haben ihre relativen Abwärtstrends zum S&P 500 fortgesetzt. Dieser begann für den S&P 400 Mid-Cap im Februar 2016 und für den S&P 600 Small-Cap im Juli 2018. Es gibt Schlaglöcher, keine Frage. Sind sie Vorläufer eines Bärenmarktes? Darauf gehe ich in diesem Newsletter ein.
Divergenzen zwischen den grosskapitalisierten Aktien einerseits und jenen die eine mittlere oder kleinere Kapitalisierung aufweisen andererseits gelten aufgrund historischer Daten mit gutem Grund als Hinweise auf einen bald beginnenden Bärenmarkt. Wenn man jedoch gute technische Analyse betreiben will – worum ich mich ernsthaft bemühe – darf nie ein Urteil auf Grundlage einer oberflächlichen Betrachtung einzelner Charts gebildet werden. Es geht stets darum, mit Hilfe einer breit angelegten Vernetzung herauszufinden, welches Narrativ sich entwickeln lässt. Das ist ein altes Mantra von mir. Genau diesem Thema widmet Andrew Lo in seinem brillanten Buch "Adaptive Markets. Financial Evolution at the Speed of Thought" ein ganzes Kapitel. Mein Narrativ kennen Sie mittlerweile. Ich habe es unter den Begriff "Schumpeters kreative Zerstörung" gestellt und den Begriff wie folgt definiert: "Die kreative Zerstörung verändert wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen für immer. Ein Zurück zu ex ante gibt es nicht. Damit ist sie Teil des historischen Prozesses". Teil eines solchen Prozesses ist die Digitalisierung, die Entwicklung neuer Produkte, aber auch die Entwicklung neuer Methoden, alte Produkte herzustellen und zu vertreiben. Und nicht zuletzt die begonnene Transformation lediglich selbstlernender Algorithmen zu künstlich intelligenten, emergenten Systemen. Dieser Prozess ist tiefgreifend und schnell. Das ist der Grund, warum es zu koexistierenden Bullen- und Bärenmärkten gekommen ist, und zwar überall, nicht nur in den USA. Derartige Revirements an den Börsen gab es immer wieder, so zum Beispiel in der Zeit von 1976 bis 1993 als die Kapitalisierung des S&P Capital Goods zu Consumer Goods und Financials sehr stark abnahm.
Die Datenfülle ist in den USA die grösste und die Historie die längste. Deshalb habe ich US-Indizes ausgewählt, um ein Bild nicht nur für tausend, sondern hoffentlich für tausende Worte zu schaffen das der These widerspricht, dass es an den Börsen eine Trennung zwischen grosskapitalisierten Aktien einerseits und mittel- und kleinkapitalisierten andererseits gebe die als Vorbote eines Bärenmarkts zu interpretieren sei. Es gibt keine Trennung dieser Art, sondern eine solche zwischen innovativen Wachstumsaktien und Aktien von Unternehmen, die nicht nur in der "old economy" hängen geblieben sind, sondern ihre Position in der "old economy" nicht durch Nutzung technologischer Mittel ausbauen. Diese Trennung begann 2009, wurde von Januar bis Dezember 2016 komplett reversiert und setzte dann erneut mit grossem Momentum ein. Dazu die Dokumentation:
Die Abbildung zeigt in "Kerzenform" den DJ US Mid-Cap Index Growth, auf Monatsbasis erstellt, mit dem 20-Monate- (gestrichelten) und dem 40-Monate- (durchgezogenen) Bollinger-Band. Die unteren Fenster stellen dar von oben nach unten die relative Stärke des DJ US Mid-Cap Index Growth zum S&P Mid-Cap 400, S&P Small-Cap 600, DJ US Mid-Cap Value und S&P 100.
Erstens ist es ein Trugschluss anzunehmen, der Bullmarket in Wachstumsaktien sei nun schon zehn Jahre alt. Er wurde 2016 massiv unterbrochen. Der S&P 500 verlor zwischen Kursspitze und Tiefstkurs des Jahres 20.5%. Der Markt hat im Januar 2017 aus meiner Sicht einen neuen Trend begonnen nachdem erhebliche Korrekturen während des Jahres 2016 zur Vermeidung von Exzessen beigetragen haben. Das ist der Grund, warum bislang in den Wachstumsaktien aus meiner Warte keine spekulative Blase entstanden ist.
Die relative Stärke von Growth zu Mid-Cap und Small-Cap allgemein und zu Mid-Cap Value ist erheblich. Besonders relevant als Wiederlegung der These, dass der Markt die Aktien klein- und mittelkapitalisierter Unternehmen abstrafe ist die relative Stärke des DJ US Mid-Cap Growth zum S&P 100, in welchem sich 35 Aktien befinden – natürlich alle grosskapitalisiert – die in einem Relative-Schwäche-Trend stehen nicht nur zu DJ US Mid-Cap Growth Index, sondern auch zu den schwächeren S&P Mid-Cap 400 und S&P Small-Cap 600. Unter den 35 relativ schwachen Aktien befinden sich 29 in einem primären Abwärtstrend ihrer Kurse, wobei der primäre Trend anhand der 20- und 40-Monate-Bollinger-Bänder definiert wird.
Die Nachrichtenlage mag verwirrend sein. Die Konjunktur mag schwächeln. Es bräuchte meiner Meinung nach schon einen sehr starken exogenen Schock wie ein katastrophales Naturereignis, ein bewaffneter Konflikt oder ähnliches, um einen allgemeinen Bärenmarkt auszulösen, der alle Sektoren und Industrien erfasst.
Zusammenfassend möchte ich feststellen, was mein zentrales Szenario ist: Eine Fortsetzung der gespaltenen Märkte, wie sie seit 2016 sich entwickelt haben, mit einer deutlichen Favorisierung von innovativen Wachstumswerten zu Lasten aller anderen, insbesondere aller konjunktursensitiven Titel.
Ein viel kleineres Szenario ist ein Déjà-vu von 1987. Damals stiegen die breiten Indizes bis August während die Marktbreite kontinuierlich abnahm. Die Indizes liefen gut wegen der grosskapitalisierten Werte. Zwischen August und Mitte Oktober bröckelten immer mehr grosskapitalisierte Werte ab so dass die Indizes am 2. Oktober ein Niveau erreichten, das rund 3% unter der am 25. August 1987 erreichten Höhe lagen. Dann brach der Markt in deutlichen Schritten nach unten ab. Am 19. Oktober 1987 stürzte der S&P 500 um 23.4% ab und riss alle Märkte weltweit mit sich. Das war das Ende einer Baisse, die sich während des ganzen Jahres, ab Mitte Januar 1987, entwickelt hatte, ohne dass sie im Dow Jones Industrial oder im S&P 500 oder in irgendeinem anderen "Sammelsurium-Index" entdeckt worden wäre. Die Logik für dieses alternative, aber kleinere Szenario, welches wahrscheinlich irgendwann in Zukunft, aber noch nicht jetzt Realität wird, liegt darin, dass die Märkte die konjunkturelle Schwäche bereits mit starken Abschlägen in konjunktursensitiven Aktien vorweggenommen haben und irgendein exogener Anlass zu Panikverkäufen auch der grosskapitalisierten Titel führen könnte. Das Szenario zwei wäre wohl einer der kürzesten Bärenmärkte in der Geschichte der Börsen. Tritt es ein, kann ich nur hoffen, dass alle einen ausreichend kühlen Kopf bewahren, und dannzumal kaufen und nicht verkaufen.
Alfons Cortés
Senior Partner
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