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Hier anmeldenDer Krieg Russlands gegen die Ukraine hat, wie etliche Autoren schreiben, eine Zeitenwende eingeläutet. Es ist eine Zeitenwende in der Sicherheitsarchitektur Europas und eine Verstärkung einer Wende, die bereits vor einigen Monaten eingesetzt hatte. Damit spreche ich die 1982 begonnene Geldpolitik der Notenbanken an, die abgesehen von kurzen gegenläufigen Phasen eine lockere war, die disinflationäre Wirkung der Globalisierung und die Digitalisierung. Das alles wird nicht so sein, wie es 40 Jahre lang war. Die Digitalisierung wird zwar weitergehen, die Globalisierung wird selektiver werden. Geschlossene Ökonomien wird es geben für manche Produkte, von der Pharma bis zur Wehrtechnik. Das alles erschwert die Arbeiten aller Prognostiker, von Geostrategen bis zu Soziologinnen, von Politologen bis zu Ökonominnen.
Ja, offen ist der Ausgang in einem pfadabhängigen System immer. Und wenn das System ohne spezifischen Ausgang emergent entstanden und kein Verfalltermin vorgesehen ist, wie dies auf die Aktienmärkte zutrifft, dann ist der Ausgang das Ende einer Phase und die Einleitung einer neuen Zeit, aber nicht mehr als das.
Man nennt das Bifurkation und weiss, dass eine Bifurkationsphase an der Börse nur einige Monate dauert, selten mehr als ein Jahr.
Die zu Ende gegangene Phase war ein Bullenmarkt. So sieht ein Bullenmarkt aus:
Es gibt auch in einem Bullenmarkt grosse Schwankungen. Sie halten sich aber alle innerhalb eines steigenden Bollinger-Bandes, die meisten Rückschläge halten in der Nähe des gleitenden Durchschnitts. Die Mehrzahl der Aktien läuft in die gleiche Richtung. Am Ende nimmt das Momentum stark zu, wie von November 2020 bis August 2021, gelb markiert. Im September 2021 kam es zu einem Rückschlag. Daraufhin folgte eine technisch schwache Erholung, sichtbar auf dem Chart am abnehmenden Momentum und zwei sich schliessender Bollinger-Blasen, orange markiert.
So erscheint das ENDE eines Bullenmarktes. Das Ende ist aber nicht zwingend die Wende, und das ist der springende Punkt: Der Rückschlag seit Januar von bislang knapp 6% (blau markiert) ist gekennzeichnet von starken Divergenzen. Unter den 69 Industrien aus allen 11 Sektoren gibt es sehr divergente Verläufe. Innerhalb jeder Industrie gibt es sehr unterschiedliche Kurstrends der Konstituenten. Ausser im MSCI Energy gibt es keinen Sektor, in welchem alle Industrien ähnliche technische Merkmale aufweisen würden, wie dies sowohl in einem Bullen- als auch in einem Bärenmarkt der Fall wäre.
In alle Details, die sich hinter der abgebildeten Grafik verstecken und durch eine fundierte technische Marktanalyse an die Oberfläche gebracht werden können, an dieser Stelle einzutreten, würde Ihre Geduld strapazieren. Es soll hier genügen festzustellen, dass die blaue Phase anders zu beurteilen ist als frühere Rückschläge. Es ist eine Bifurkationsphase, während welcher auf Ebene des MSCI Welt – das heisst bei Betrachtung eines globalen Aktienmarktes – alle denkbaren Szenarien etwa die gleiche Wahrscheinlichkeit aufweisen. Auf Ebene der Sektoren und der Industrien ist dem nicht so. Auf Ebene der regionalen und länderbasierten Indizes ebenso wenig.
Es würde recht weit führen, alle Industrien, Sektoren und Länder in dieser Publikation zu kommentieren. Dafür sind die Unifinanz-Monitore gedacht.
Information Technology ist eine Ausnahme
Auf einen Sektor möchte ich jedoch eingehen, und zwar auf Information Technology. Es wird nach wie vor von allen Seiten darauf hingewiesen, dass Information Technology ein besonders zinssensitiver Sektor sei. Auf dieser Grundlage wird Information Technology rundherum negativer beurteilt als der Gesamtmarkt und andere Sektoren. Das allerdings ist eine Annahme, die empirisch gar nicht überprüft werden kann, weil in Phasen hoher Inflation und steigender Zinsen Information Technology noch gar kein globaler Sektor war.
Wie das technische Bild sich präsentiert, zeige ich in einem genau gleich konstruierten Chart wie im Falle des MSCI Welt:
Hier sehen wir auch das Schliessen einer der beiden Bollinger-Blasen, aber nicht beider. Wir sehen einen Aufwärtstrend dessen Momentum sich auch beschleunigt hat, und einen Rückschlag während zwei Monaten, nämlich Januar und Februar dieses Jahres. Was hier aber fehlt, um das Ende dieses Aufwärtstrends festzustellen, ist eine technisch schwache Erholung.
Das Mantra lautet, dass ein Rückschlag in einem intakten Aufwärtstrend analytisch nichts bedeutet. Signifikant ist die daraufhin folgende Erholung. Wer diese Regel befolgt hat, ist aus dem fantastischen Trend von Information Technology während der ganzen Hausse nicht ausgestiegen, weil jede Erholung technisch stark war. Befolgt man diese Regel, steigt man zwar nicht auf dem allerhöchsten Punkt eines Trends aus. Man steigt aber erst dann aus, wenn ein Trend wirklich zu Ende gegangen ist. Weil die meisten Trends viel länger dauern und viel weiter gehen als die Allermeisten erwarten, ist diese Regel die eigentliche Goldene Regel der Aktienanlage.
Alfons Cortés
Senior Partner
Unifinanz Trust reg.
Austrasse 79
LI-9490 Vaduz
Telefon +423 237 47 60
Fax +423 237 47 67
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